Meinem kommunikativen Naturell entsprechend, entschied ich mich nach dem Abitur für ein Studium der Sprecherziehung, lernte dort den Atem als Träger der Stimme kennen und kam mit unterschiedlichsten Ansätzen der Körperarbeit und Atemführung in Kontakt. Ein faszinierendes Beschäftigungsfeld, für das ich sofort Feuer und Flamme war.
Im Studium der Sprecherziehung war die sehr zielgerichtete Arbeit an der Funktion des Atems im Vordergrund, Techniken zum Erreichen einer vollen, tragfähigen Stimme. Mich persönlich verspannte diese funktionelle Arbeit mit dem Atem allerdings oft mehr, als dass ich wirklich Raum und Freiheit für meine Sprechstimme bekam. Trotzdem blieb ich fasziniert, mein Forschergeist war geweckt und ich hatte und habe bis heute eine unglaubliche Freude am Spiel mit Stimme und Sprech-Ausdruck.
Ganz anders fühlten sich die Erfahrungen der Atemarbeit für mich an. Wir erkundeten Körperräume im Locker- und Loslassen, im Schwingen, Dehnen und Strecken. In einer liebevoll-neugierigen Haltung aus dem Inneren heraus. Und ohne ein bewusstes Wollen oder Machen entstand meine Stimme lockerer und klangvoller, deutlich mehr getragen vom Atem, als im zielgerichteten, funktionellen Tun. Eine wunderbare Erfahrung, die auch in meine Arbeit als Sprecherin und Sprechtrainerin einfließt.
'Anzunehmen, wie oder wer man gerade ist. Zu versuchen, die Sorgen, Nöte, Denkspiralen, die einen umtreiben, los zu lassen - gedanklich und über den Atem. In den Körper, ins Hier und Jetzt und ins Vertrauen zu kommen.' Das waren und sind für mich zentrale Lernschritte und Herausforderungen der Arbeit mit dem Atem. Diese Haltung begleitet mich seitdem durch mein Leben. Und durch die Aufgaben, Hürden und Freuden, die es bereit hält.
Dabei erlebe ich die Atemarbeit als Entdeckungsreise: Wir können uns auf diesem Weg noch einmal anders kennen lernen. Durch die Erfahrungen im Inneren, ganz mit uns selber, mit dem eigenen Atem, in Bewegung und in der Stille.
Natürlich sind diese Prozesse nicht nur leicht - der Kopf hat manchmal ganz andere Ideen, wie oder wo man stehen will oder sollte. Teils spürt man auch Widerstand, sich - jenseits von Ablenkungen- der eigenen Person zuzuwenden und sich dem anzunehmen, was offenkundig dran ist.
Doch meist kommt es zu einem erstaunlichen Erlebnis: da zu bleiben und zu akzeptieren, wo die eigenen Grenzen und Möglichkeiten JETZT gerade liegen, kann zu einer neuen Erfahrung des eigenen Wesens führen, zu mehr Echtheit- und zu NEUEN Räumen. Zu Atem-Räumen.